20.07.2019 Hier kreuze ich mein Kielwasser. Vier Wochen ist es her als ich auf diesem Törn zum ersten Mal Boulogne, von Dünkirchen aus, angelaufen habe. Jetzt kommen wir aus Dieppe, was um ein vielfaches schöner ist als Dunkerque. Mit unseren Freunden auf der La Bamba starten wir zusammen gegen 09:00 Uhr in Dieppe. Laut Wettervorhersage soll es ein schöner Segeltag mit ca. 3 Bft, Halbwind werden. Wir werden noch ca. zwei Stunden Strom gegen an haben und entscheiden uns, so lange wir Gegenstrom haben, mit Motorunterstützung zu fahren. Die La Bamba setzt kurz nach der Ausfahrt Segel und stellt den Motor ab.
La Bamba
La Bamba
Wir verlieren uns recht schnell aus den Augen, da wir mit Segel + Motor natürlich schneller sind. Gegen 11:00 Uhr kippt der Strom und wir stellen auch den Motor ab. Wir können bis zur Einfahrt in Boulogne bei herrlichem Wetter segeln. Kurz vor der Einfahrt überholt uns die La Bamba. Sie haben es genau umgekehrt gemacht und sind die letzten zwei Stunden mit Motorunterstützung gefahren.
Einfahrt Boulogne sur mer
Ganz anders als noch vor vier Wochen ist die Marina jetzt sehr voll. An den Kopfsteigern liegen die Boote schon im Päckchen. Wir fahren zum letzten Steg, hier befindet sich auch die Tankstelle. An diesem Steg mache ich nicht gerne fest, weil hier die kurzen Fingerstege sehr wackelig sind. Hinzu kommt noch das hier zeitweise eine ziemliche Strömung wegen des einlaufenden Flusses Liane herrscht. Wir machen uns noch was zu Essen und lassen diesen super Segeltag ausklingen.
19.07.2019 Heute geht’s weiter nach Dieppe. Das sind ca. 30 Sm, mit dem Strom und mit einem Wind der sich nicht entscheiden kann. Mal achterlicher Wind, mal genau von achtern. Erst fahren wir nur mit Genua, dann doch das Groß dazu, dann Schmetterling, kurz darauf doch Raumschots. Das zieht sich eine Weile lang so bis wir den Kurs ändern und vorm Wind kreuzen. Es wird eine unspektakuläre Fahrt mit 2-3 Bft. Durch die Strömung kommen wir aber ganz gut voran.
Wir verlassen Fecamp
Dieppe erreichen wir gegen 15:00 Uhr. Ich bin etwas enttäuscht von der Bebauung am Strand und in der Einfahrt. Das hatte ich so nicht in Erinnerung. Die ganzen Hochhäuser erinnern etwas an Belgien. Das ändert sich sofort, wenn man nachher in den Hafen einbiegt. Unsere Freunde mit der „La Bamba“ sind schon da und haben uns einen Platz neben der La Bamba frei gehalten. Toll, wir freuen uns dass wir uns wiedersehen.
Einfahrt Dieppe
Sinne und La Bamba
Sigrund erzählt uns dass am Samstag ein ganz tolle Markt in Dieppe stattfindet und das eh kein gutes Segelwetter vorhergesagt ist. Wir entschließen uns also erst am Sonntag weiter zu segeln. Gegen Abend meldet sich noch Susanne über Facebook bei mir. Sie ist auf dem Weg nach Dieppe. Auf der Sinne gibt’s abends ein spontanes Treffen, klasse.
von links: Susanne, Christina, Hans-Gunther, Sigrund und ich
Am nächsten Morgen weht es schon ziemlich. Beim Frühstück fängt es auch an zu regnen. Gut dass wir einen Hafentag eingeplant haben. Kurz nach Mittag hört es auf zu regnen und wir machen uns auf den Weg zur Chapelle Notre Dame de Bonsecours. Hier findet gerade eine Hochzeit statt, der wir natürlich beiwohnen.
Chapelle Notre Dame de Bonsecours
Aussicht vom Kreidefelsen auf Dieppe… und in die andere Richtung
17.07.2019 Wir machen uns heute auf den Weg nach Fecamp. Das Tor am Hafen öffnet gegen 09:15 Uhr. Es leider überhaupt kein Wind angesagt, so dass wir die ca. 65 Sm Motoren müssen. Von Saint Vaast nach Fecamp fährt man die ganze Zeit einen Kurs von ca. 80°. Da wir unter Motor fahren klemmen wir den Pinnenpilot an und haben für die nächsten 13 Std. erst mal Ruhe. Nur vor Port du Havre-Antifer müssen wir zweimal ausweichen.
65 Sm von St Vaast nach Fecamp
Etretat passieren wir leider im dunkeln. Die Kreidefelsen mit ihren berühmten Felstoren sehen atemberaubend aus. Wir können die Küste nur schemenhaft erkennen.
Ein Fischer, so ein riesen Katamaran, überholt uns. Er fährt dicht unter Land und kommt uns nicht in die Quere. Kurz vor Fecamp dreht er aber um 180°. Ich sehe nicht weit von uns entfernt die alle drei Positionslampen, rot, grün und in der Mitte weiß. Er kommt genau auf uns zu. Der muss uns doch gesehen haben. Wir weichen aus und sehen dass er ein Netz hinter sich her schleppt. Da er gerade erst um 180° gedreht hat, hoffen wir dass wir nicht über das Netz fahren. Am Ende geht alles gut.
Fecamp steuern wir im dunkeln an. Hier war ich bisher zweimal aber im dunkeln sieht das alles ganz anders aus. Auch vor Fecamp liegen etliche Fischernetze aus die wir im dunkeln nicht sehen können.
Nachtansteuerung Fecamp
Wegen dem starken Querstrom müssen wir gut vorhalten. Wir kommen ca. 3 Std. nach Niedrigwasser an. In der Einfahrt ist also genug Wassertiefe. Als wir nach rechts in den Hafen abbiegen sehen wir dass der Hafen gut besucht ist. An den Kopfsteigern liegen einige Boote schon im Päckchen. Darunter auch die „La Bamba“ unserer Freunde. Ich fahre trotzdem in eine Boxengasse rein. Auf Päckchen haben wir keine Lust und vielleicht finden wir ja noch eine freie Box. Es sind tatsächlich noch zwei Boxen frei. Gegen Mitternacht sind wir in Fecamp fest.
Port de plaisance de FECAMP
Wir beschließen zwei Nächte hierzubleiben und uns die Stadt anzusehen. Der Weg zur Chapel Notre-Dame-du-Salut ist steil und sehr anstrengend. Es lohnt sich aber allemal die Kapelle zu besuchen. Von hier aus hat man einen schönen Ausblick auf Fecamp und in die andere Richtung auf die Kreidefelsen.
Chapel Notre-Dame-du-Salut
Auf dem Rückweg gehen wir durch die Stadt und besuchen noch zwei Kirchen. Die Église Saint-Étienne de Fécamp und die riesige Abbatiale de la Trinité, die gerade renoviert wird.
Abbatiale de la Trinité
Église Saint-Étienne de Fécamp
Selbstverständlich besuchen wir auch das Palais Bénédictine wo der Likör Bénédictine hergestellt. Wir lassen es uns nicht nehmen den Likör zu probieren.
Mit einem leckeren Abendessen beenden wir den Tag.
Fecamp hat mir dieses mal viel besser gefallen als bisher. Das liegt mit Sicherheit daran dass Christina dabei war. Hier waren wir nicht zum letzten mal.
14.07.2019 Der Wecker steht auf 02:00 Uhr. Um 03:00 Uhr wollen wir in Weymouth starten. Bis Saint Vaast la Hougue sind es ca. 85 Sm. Die Einfahrt von St. Vaast fällt trocken, wodurch wir ein Zeitfenster von etwa 5 Stunden haben um in den Hafen einfahren zu können. 2 Stunden vor bis 3 Stunden nach Hochwasser ist das Tor geöffnet.
Nachdem wir abgelegt haben ist mir im Gewässer vor Weymouth etwas mulmig. Hier befinden sich etliche Fischernetze die zwar durch Bojen gekennzeichnet sind, in der Nacht aber nicht zu sehen sind. Wir haben Glück und überfahren keines der Netze. Gegen 06:00 Uhr geht die Sonne auf und uns steht ein herrlicher Segeltag bevor. Sonne und halber Wind mit 3-4 Bft. Was will man mehr?
Morgens im englischen Kanal
Wie vorhergesagt schläft der Wind gegen Mittag ein. Ziemlich genau zum Zeitpunkt als auch der Strom kentert und uns mehr in Richtung Cherbourg drückt. Wir starten die Maschine und fahren gegen den Strom weiter in Richtung Barfleur. Zur Zeit haben wir Spring und die Strömung ist deshalb über 4 Kn stark.
Nach drei Stunden Motorfahrt setzt der Wind, genau wie vorhergesagt, wieder ein. Der starke Strom hat auch nachgelassen und wir können wieder segeln.
Nachdem der Strom wieder gekippt ist machen wir über Grund eine Fahrt von 9,3 bis 10,3 Knoten. Da kommt Freude auf, wir kriegen das Grinsen nicht aus dem Gesicht. Vor Barfleur wird es dann ziemlich kabbelig. Die Wellen nehmen hier ziemlich zu und sind auch schwer abzuschätzen.
Das ist alles nichts gefährliches, Sinne zieht unbeeindruckt ihre Bahn durch das Wasser. Beeindruckend ist es für uns aber schon.
Wir kommen genau bei Hochwasser in Saint Vaast an. Ich liebe es, wenn Planung funktioniert. Ich bin jetzt zum dritten mal hier und kenne die Einfahrt sehr gut. Auf dem Plotter sieht es schon seltsam aus, wenn man die ganze Zeit über grüne Flächen fährt.
Saint Vaast ist das zweite Hauptziel für mich. Hier wollte ich unbedingt mit Christina hin. Für mich ist St. Vaast ein ganz besonderer Ort. Hier ist für mich „richtig Frankreich“. Ich weiß nicht wie ich das beschreiben soll. Und dann mit dem eigenem Boot hier zu sein, durch die Einfahrt die man bei Niedrigwasser trockenen Fußes überqueren kann. Das hat schon was. Dann das ganze noch mit seinem Lieblingsmenschen erleben zu dürfen. Besser geht es nicht.
Einfahrt St. Vaast bei Niedrigwasser
Nachdem wir festgemacht haben sitze ich im Cockpit als ein deutsches Paar am Steg vorbei geht. Die Stimmen kenne ich doch. Ich bin mir nicht ganz sicher, habe aber eine Vermutung. Irgendwie habe ich ein fotografisches Gedächtnis für Töne. Liegt wohl an meiner langen „Karriere als Musiker“. Das Paar ist schon weg. Mir lässt das keine Ruhe. Ich gehe zum Anfang des Steges und meine Vermutung wird Bestätigt. Da liegt die „La Bamba“. Sigrund und Hans Gunter sind Vereinskollegen aus Wolphaartsdijk. Die beiden sind einige Jahre durch die Weltgeschichte gesegelt und haben immer viel zu erzählen. Hans Gunter ist mittlerweile 82, topfit und ein Segler durch und durch. Wir verbringen den Abend auf „La Bamba“ und beschließen gemeinsam an der französischen Küste Richtung Holland zu segeln.
Am Abend gibt es zu unserer Begrüßung noch ein großes, mit Musik untermaltes, geniales, 30 minütiges Feuerwerk am Strand. Ok, es war nicht für uns. Der 14.07. ist ein Nationalfeiertag in Frankreich.
Wir erkunden Saint Vaast. Habe ich schon gesagt dass ich mich hier sehr wohl fühle? Zwei Tage haben wir, die wir mit ausgiebigen Spaziergängen verbringen. Ein Highlight dabei ist der Kolonialwarenladen „Maison Gosselin“. Sieht von außen wie ein normales Geschäft aus. Innen nimmt der Laden kein Ende. Bis in die letzte Ecke zum Kaffee-Röster bin ich bisher noch nicht gedrungen. Dieses Geschäft ist wirklich erstaunlich, hinter jedem Abzweig boten sich neue Sehenswürdigkeiten. Der Kaffee-Röster hat voller Begeisterung die Arbeitsschritte von der frischen Kaffeebohne zum fertig gerösteten Kaffer erzählt. Ich habe zwar kein Wort verstanden aber die Ausstrahlung und Erzählweise hat mich doch im groben alles verstehen lassen.
Der Kaffeeröster bei Maison Gosselin
Maison Gosselin
Maison Gosselin
Sehr interessant ist auch die Wanderung um das Fort de la Hougue. Es ist so schön und entspannend in dieser Ecke Frankreichs.
Fort de la Hougue
Bei Ebbe gehen etliche Menschen ins Wasser um Muscheln zu sammeln. Natürlich machen wir mit. Irgendwas stimmt hier nicht. Bei jedem Griff in den Sand habe ich einige Muscheln in der Hand, die wir fleißig für unser Abendessen sammeln. Wir fragen eine Einheimische, die uns erzählt dass die Muscheln einen Mindestdurchmesser von 3 cm haben müssen. Das wird auch von der Polizei kontrolliert.
Wir sammeln Muscheln
Ok, unsere Muscheln waren kleiner. Wir haben sie also wieder alle ins Meer geworfen. Am Abend haben wir Baguette und Käse auf dem Boot gegessen.